„Ich brauche noch einen Helfer fürs Kochfeuer.“, „Würdest du den Feuerdienst übernehmen?“, „Kann sich mal jemand ums Feuer kümmern?“ und Zack: Gerade noch am Chillen, den Rest des Tages am Grillen.
„Wie schwer kann’s schon sein sich um ein Kochfeuer zu kümmern?“ Tja, das merkt man, wenn sich im Küchenteam die Mienen verfinstern. Oder wenn man mit veranstaltungserfahrenen Köchinnen spricht. Anscheinend ist es doch nicht verkehrt für diesen Job etwas Grundwissen mitzubringen.
Dabei geht es nicht darum einen historischen „Beruf“ zu beschreiben. Außer in wirklich großen Küchen mit laufendem Bratspießbetrieb wird es kaum eigene Feuerbedienstete gegeben haben. Es geht um eine Funktion, die in einer heutigen Lager- und Belebungsküche extrem hilfreich ist. In Kürze wird es in einem eigenen Artikel mehr zu den Kompromissen beim modernen historischen Kochen geben.
Deshalb ist das hier ein ganz subjektives kleines Einmaleins mit dem Grundwissen des Feuerdienstes beim historischen Kochen. Von einem, der die Aufgabe ganz gern hat und glaubt, dass ein guter Feuerdienst vieles besser macht.
1. Dieser Job ist deiner und er wird dauern
Feuerdienst ist keine Aufgabe für Zwischendrin. Es ist ein Job mit Verantwortung. Wenn der Feuerdienst Mist baut, gibt es für alle später Essen. Denn Kochen mit offenem Feuer dauert länger, als auf einem modernen Herd. Also ist auch Feuerdienst keine Sache von einer halben Stunde. Mit dem richtigen Küchenteam bist du als Feuerdienst Teil der Küche, Teil der Crew.
Denn sobald ein Feuerdienst sinnvoll ist, geht es schließlich auch um mehr als etwas Nudelwasser. Meist sollen mehrere Gänge und vielleicht auch ein Schmorgericht gemacht werden. Das dauert leicht mehrere Stunden.
Und was noch dazu kommt: Als Feuerdienst bist du auch fürs Anschüren und Holz holen zuständig. Das kann je nach zur Art und Ort des zur Verfügung gestellten Holzes aufwendig sein.
Mein Ansatz beim Thema Holzqualität ist übrigens: Mit ungesägtem, nassem, zu frischem/grünem Holz kann man nicht kochen. Wenn die Organisatoren kein gutes Holz zur Verfügung stellen, beschwere ich mich deutlich und fahre im Supermarkt Grillkohle kaufen. Nasses Holz ist den Aufwand nicht wert.
Holz Machen, Anschüren, Feuer betreuen, kochendes Essen im Auge behalten: Dieser Job wird dich sehr wahrscheinlich den besten Teil des Tages beschäftigen. Stell dich darauf ein. Du bist wichtig. Andere verlassen sich auf dich. Du wirst lange beschäftigt sein.
2. Bleib gefälligst dabei
Natürlich, zwingt dich keiner durchgehend beim Feuer zu sein. Wenn gut nachgelegt ist und alles passt, dann ist sowohl der Ausflug zum Klo, als auch zum Bierfass absolut in Ordnung. Und beim Holz holen musst du sowieso immer mal wieder weg. Die Lösung: eine Vertretung.
Schon aus Brandschutzgründen ist es gut eine Vertretung ausgemacht zu haben. Bei größeren Küchenteams macht das oft auch gerne jemand aus der Koch-Crew – wenn es vorher abgesprochen wurde. Gerade in Gebäuden dürfen offene Feuer oft schlicht nicht unbeaufsichtigt bleiben. Und das ist sehr sinnvoll. Im Zweifel bist du derjenige, der die anderen dran erinnern muss.
Aber am besten ist es, wenn du dein Feuer nie langer aus den Augen lässt, als nötig. Als Feuerdienst musst du echt nicht viel können oder lernen – du kannst auch nicht furchtbar viel falsch machen. Aber der Kardinalfehler ist „nur mal kurz“ weggehen und dann den Moment zum Nachlegen verpassen, die Kochhitze vorzeitig verlieren oder (Gott bewahre) das Feuer ausgehen zu lassen.
Deswegen: Mache es dir in Arbeitsnähe zum Feuer bequem.
- Dir ist langweilig? Hole dir Unterhaltung zur Feuerstelle.
- Du hast Hunger? Hole dir was und iss es am Feuer.
- Jemand will dir eine Aufgabe aufdrücken, oder braucht „nur mal schnell“ Hilfe? Nein, du bist Feuerdienst und bleibst beim Feuer.
Ja, oft ist nicht viel zu tun. Du sitzt neben der Feuerstelle und alles wirkt, als könntest du eigentlich noch was anderes machen. Tu es nicht. Genieße einfach eine ruhige, beständige Aufgabe.
3. Arbeite mit Glut nicht mit Flammen
Jetzt aber auch mal zum eigentlichen Inhalt des Feuerdienstes. In den meisten Fällen ist es historisch korrekter, professioneller und einfacher nicht auf lodernden Flammen, sondern mit Glut zu kochen. Statt Kochgefäße auf und weg von Flammen zu bewegen, rate ich dir Glut zu bewegen und so die Hitze zu regulieren.
Du kennst das wahrscheinlich vom Grillen: Ja, man kann mit Spiritus anfachen und dann auf der lodernden Flamme die Steaks außen schwarz und innen roh grillen. Aber besser ist es auf durchgeglühten Holzkohlen mit leichtem weißen Überzug auf den Punkt zu grillen. Kochen an historischen Herdstellen ist da noch mal eine Schippe Professionalität drauf.
Ohne auf historische Hintergründe einzugehen: Ich persönlich füttere in der Mitte der Herd- oder Feuerstelle ein Hauptfeuer und ziehe von ihm die Glut je nach Bedarf an die um es herumstehenden Kochgefäße: Unter den Grapen, an den Topf, unter den Grillrost oder Pfannenhund. Wenn es scharfe Hitze braucht, dann wird auch mal das ganze Hauptfeuer zum entsprechenden Ort geschoben und aus der zurückgebliebenen Glut ein neues Hauptfeuer gemacht. Auch Feuerschlangen sind möglich, bei mehreren Gängen aber etwas unpraktisch.
Ja, so geht viel Hitze ungenutzt nach oben weg, aber mit etwas Übung kann man das Hauptfeuer erstaunlich klein halten und Grapen/Töpfe nahe genug platzieren, um Seitenhitze zu nutzen. Wichtig ist nur, dass du das Hauptfeuer immer im Blick hast und leicht zum Nachlegen und verschieben erreichen kannst. Da stört der große Kessel drüber nur.
Dann kannst du mit dem richtigen Feuer zum richtigen Zeitpunkt glänzen.
4. Vergewissere dich über den Ablauf
Denn der richtige Zeitpunkt ist sehr wichtig:
- Wann und für welche Kochgefäße wird welche Hitze gebraucht?
- Was soll lange auf moderater Temperatur simmern?
- Soll kurz vor dem Ende noch etwas scharf angebraten werden?
- Wie viel Platz wird jeweils für gleichzeitige Kochgefäße gebraucht?
Im Kopf der Köchinnen und Köche ist das alles vielleicht durchgeplant, aber du bist selbst dafür verantwortlich es dir konkret erklären zu lassen. Manchmal ändern sich Pläne auch. Frage deshalb regelmäßig nach, was in den nächsten Schritten an Feuer, Glut und Stellplatz gebraucht wird.
Weil du dein Feuer nicht wie einen Gasherd aufdrehen kannst, sondern immer etwas Vorlauf brauchst, ist der Ablauf für dich sehr wichtig. Außerdem kannst du mit seiner Kenntnis Pinkelpausen und den Wein zwischendurch viel besser genießen.
Und nicht vergessen: Dünne Brettchen und Spreißel, gerade aus Nadelholz, brennen schnell und geben scharfe Hitze. Dicke Scheite, gerade aus Buche und Eiche, brennen langsam und geben gute Glut. Und in jedem Fall braucht dein Feuer Luft.
Kochstress ist der natürliche Feind des Feuerdiensts. Gib ihm keine Chance.
5. Lege dir Werkzeug zurecht
Damit keine Hektik aufkommt, hilft es ungemein seinen Arbeitsplatz einzurichten und alles zur Hand zu haben. Aber was braucht der Feuerdienst von Welt an Werkzeug?
- Was zum Stochern: Das kann ein stabiler Haselstab sein oder ein metallener Schürhaken. Hauptsache man kann damit das Feuer anstupsen und in Form schieben. Feuerzangen sind meines Wissens für viele Zeiten nicht belegt und oft einfach unnötig.
- Was zum Schieben: Das kann ein Brett oder dünnes Holzstück sein, oder eine Metallschaufel (Achtung: Beleglage schwierig). Irgendetwas, mit dem man Glut bewegen kann, ohne sich die Finger zu verbrennen.
- Was zum Heben und Drehen: Kochgefäße wollen bewegt werden. Historisch belegt sind Ofengabeln für Öfen, aber im Alltag haben sich ein Paar passende Holzscheite als ausreichend erwiesen.
- Was zum Holz machen: Große Klötze haben im Kochfeuer durchaus ihre Funktion, aber für ein flexibles Feuer, sind kleine und mittlere Stücke besser. Wenn es der Platz hergibt, kannst du das Holz auch direkt neben der Feuerstelle in die benötigte Größe spalten. Der Klassiker dafür ist die Axt. Aber auch Hippen und dergleichen haben sich bewährt. Ein kleiner Hackstock schont das Werkzeug.
- Was für die Finger: Handschuhe werden gerne verwendet. Historischer und meiner Meinung nach auch praktischer sind aber Vorsicht und ein ordentliches Leinen-Handtuch, das man zusammengelegt als Topflappen nehmen kann (dann nur nicht mehr als Handtuch). Kochtemperaturen sollten nicht so hoch sein, dass das nicht mehr ausreicht.
- Was zum Pusten: Der Klassiker ist die eigene Lunge. Die ist immer 100% A. Blasebalge sind grundsätzlich belegt, in der Konstruktion aber vor der Neuzeit oft fraglich. Eine Zwischenlösung sind Anblasrohre aus Holz (Metall ist da eher unwahrscheinlich). Und Wedel, z.B. Gänseflügel sind eine weniger atem-intensive Möglichkeit.
- Was zum Rühren: Wenn die Köchinnen und Köche dir etwas hinstellen, lass dir auch direkt einen passenden Rührlöffel geben und finde einen guten Platz für ihn.
- Was zum Löschen: Sicherheit geht vor. Ein eigener kleiner Feuerlöscher unter einem Tuch beruhigt Veranstalter und Feuerwehr. Und ist in Gebäuden meist Vorschrift. Lass dir zeigen, wo er steht.
Da das nun einige längliche oft hölzerne Objekte sind, solltest du dir genau überlegen, wo du sie hinlegst. Meiner Erfahrung nach werden sie enervierend oft von wohlmeinenden Spontanhelfern verfeuert, am Boden liegend kaputtgetreten oder zu Stolperfallen.
6. Schemel, Sonnenschutz und großes Trinkgefäß sind deine Freunde
Werkzeug ist beim Feuerdienst wichtig, aber noch wichtiger ist ein bequemer Arbeitsplatz. Da man es damit auch übertreiben kann, empfehle ich es beim Dreigestirn „Schemel, Sonnenschutz & Trinkgefäß“ zu belassen.
Ein einfacher dreibeiniger Schemel ist für praktisch alle Darstellungsepochen belegt. Du kannst ihn schnell um die Feuerstelle herumbewegen (Die Windrichtung bestimmt oft auf welcher Seite des Feuers man lieber arbeitet). Er wackelt auch auf unebenen Boden nicht und du musst dir keine Gedanken über das Zusammenspiel von Hintern und Boden machen. Das ist übrigens auch ein Grund, warum ich bodennahe Feuerstellen gern habe: Man kann sie von einem Hocker aus bequem betreuen und muss nicht die ganze Zeit stehen.
Wenn es regnet, herrschen ganz spezielle Herausforderungen, deshalb sei diese Situation mal ausgeblendet. Viel häufiger sitzt du als Feuerdienst den ganzen Tag in mehr oder weniger starker Sonne. Sonnenstich ist ein echtes Feuerdienst-Problem. Deshalb solltest du dich entweder um entsprechenden Sonnenschutz durch gute Platzierung der Feuerstelle, eine Schatten-Plane, oder zumindest einen guten Hut kümmern. Der Hut ist auch im Schatten eine gute Idee.
Ständig aufstehen, weil der Becher leer ist nervt. Ständig gefragt werden, ob man auch genug getrunken hat, ebenso. Für beides ist ein guter großer Krug ein geeignetes Gegenmittel. Warte nicht darauf, dass jemand anderes dir einen gibt, besorge dir selber einen. Besser zwei, falls du dazu neigst Sachen umzuschmeißen.
7. Kenne die Kochgefäße und ihre Eigenschaften
Oben kam es schon mehrfach zur Sprache: Als guter Feuerdienst solltest du nicht nur das Feuer abschätzen können, sondern auch über die Ansprüche der verschiedenen Kochgefäße Bescheid wissen. Das Schöne ist: Während beim Umgang mit Feuer, Brennzeiten, Hitze und dem Verhalten verschiedener Hölzer eigentlich nur Erfahrung hilft, kannst du zu den Kochgefäßen einfach ihre Besitzer fragen.
Es lohnt sich bei der Besprechung des Koch-Ablaufs noch eine Extra-Viertelstunde dafür zu verwenden zu besprechen wie welche Pfanne und welcher Topf behandelt werden soll. Stell dich im Zweifel einfach dumm und nerve das restliche Kochteam. Lieber am Anfang nerven, als zwischendrin angepflaumt werden, weil man etwas falsch gemacht hat. Nicht zu wissen, dass eine Pfanne einen Klappgriff hat und dann einmal nicht aufpassen, kann eine ganze Mahlzeit in die Asche schicken.
Dann weißt du auch, welche Gefäße vielleicht mit etwas Wasser vorheizen sollten, welche einen Deckel haben und für welche du gegen Ascheflug beim Anblasen der Glut noch ein Brettchen oder Teller zum Abdecken suchen solltest.
Da denken Köchinnen und Köche oft nicht dran. Aber du, weil du ein guter Feuerdienst bist.
Zum Abschluss: Der Wert der Darstellung
Etwas, das du als Feuerdienst, vor allem bei Belebungen von Häusern, Burgen und Freilichtmuseen mitnehmen kannst, ist: Du komplettierst die Darstellung und das Gesamtbild. Und du bist ein wichtiger Ansprechpunkt für die Besucher.
Du repräsentierst einen Personenkreis, der sonst leicht vergessen wird: Die einfachen Helfer und Handlanger, die in der Vormoderne in jedem größeren Haushalt tätig waren. Die Leute, die für Kost, Logis und ein Handgeld einfache aber zeitraubende Aufgaben übernahmen.
Die genaue Aufgabe als „Feuerdienst“ ist, wie gesagt, nicht historisch. Sie ist eine Behelfslösung. Wenn ein Besucher fragt, ist es aber sowieso einfacher über konkrete Tätigkeiten zu sprechen, als über Gesellschaftsschichten oder gar gespielte Rollen. Denn meine Erfahrung ist, dass ersteres viel mehr Anknüpfungsmöglichkeiten für den Besucher bietet, der sich getraut hat dich anzusprechen.
Und als Feuerdienst bist du ansprechbar: Deine Aufgabe wird dich nur selten so stark einspannen, dass du nicht mit Besuchern schwatzen kannst. Außerdem ist Feuer ein archetypischer Besuchermagnet. Du wirst bei Publikumsveranstaltungen selten allein sein. Versuche ruhig mit den Besuchern ins Gespräch zu kommen. Kochen ist immer ein sehr guter Einstieg, weil fast jeder dabei seine eigenen Erfahrungen einfließen lassen kann.
Denke aber immer dran: Zuzugeben, wenn man etwas nicht weiß ist sympathisch und ehrlich. Zuzugeben, dass man das als Hobby macht genauso. Bei Fachfragen an andere Teilnehmer mit dem richtigen Fachwissen weiterverweisen ist professionell und nett. Die Köchin, die das Rezept recherchiert hat, kann es wahrscheinlich auch am besten erklären.
Und „dumme“ Fragen (jeder kennt das typische Beispiel nach der Echtheit des Feuers) sind einfach nur unbeholfene Versuche eine Konversation zu starten. Lächeln, darauf eingehen und Brücken bauen.
Dann macht Feuerdienst erst richtig Spaß. Und genau den wünsche ich dir.
4 Antworten auf „How to Feuerdienst“
Aus welchem Jahr ist das Bild von Bad Windsheim?
Da stehen viele meiner Küchenutensilien und das Feuer ist mir persönlich bekannt ?
Hallo Helga,
Das Bild ist von den Mittelaltertagen 2013 und Deine Küchenwirtschaft im Bauernhaus war so ziemlich mein erster Eindruck dazu, was auf dem Gebiet eigentlich alles geht. 🙂
Hallo Antonia, hallo Sebastian,
zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zu eurem neuen blog.
Das Thema ist für das historische Kochen außerordentlich wichtig, wird aber wenig beachtet.
Alle eure Punkte machen Sinn, allerdings sollte man auch die Qualität des Brennholzes ansprechen. Das Thema Hartholz/Weichholz habt ihr genannt. Wichtig ist auch der Trocknungsgrad. Frisches oder nasses Holz qualmt macht aber keine Hitze dafür Ärger.
In den 90er Jahren hatte ich zehn Jahre lang mit meiner Küchenmeisterei auf der Ronneburg für Publikum gekocht. Öfter hatten wir nur Holz minderer Qualität, sodas wir auch auf unsere mobilen Holzkohleöfen zurückgreifen musten.
Weiterhin viel Erfolg und hoffentlich auf ein Wiedersehen 2021 in Lich.
Liebe Grüße
Peter
Hallo Peter,
Danke für die gute Ergänzung. Ich habe dazu noch etwas im ersten Punkt ergänzt. Ich sehe das wie du: Schlechtes Holz lohnt den Aufwand nicht, wenn man tatsächlich Leute satt kriegen soll. Dann lieber Holzkohle und Ehrlichkeit gegenüber den Besuchern.
Historisch wäre gut trockener Reisig wirklich interessant als Brennstoff, aber wo hat man den schon zur Verfügung.