Wo kriegen wir unsere Rezepte her? Hauptsächlich aus historischen Kochbüchern. Und weil jede Rekonstruktion nur so gut ist, wie ihre Quellen, sammeln wir hier mal unsere liebsten historischen Kochbücher. Die Liste ist aber ganz sicher nicht komplett und wird noch weiter wachsen.
Wenn ihr Ergänzungen, gerne auch außerhalb des deutschen und englischen Raums habt, freuen wir uns sehr über Hinweise.
Gerade mit den Kochbüchern des Mittelalters und der Frühen Neuzeit muss man zwar erstmal lernen zu arbeiten und oft taugen sie mehr zur Inspiration, als zum eigentlichen Rezept. Aber sie sind nun mal die beste Grundlage fürs historische Kochen der jeweiligen Zeiten.
Historische Kochbücher aus unserem Bücherregal
Liber de Coquina (ca. 1300)
Liber de Coquina. Das Buch der guten Küche, hrsg., übers. u. komm. v. Robert Maier, Freising 2017 (4. verb. Aufl.).
Das Liber de Coquina wurde, der Name legt es nahe, auf Mittellatein geschrieben. Umso hilfreicher ist da, dass Robert Maier eine kommentierte zweisprachige Ausgabe erstellt hat. Gerade bei Rezepten und Sachkultur sollte man möglichst immer den Originaltext mit im Blick haben, denn jede Übersetzung ist Interpretation. Zugleich macht die Übersetzung die Masse der Rezepte aber erst nutzbar. Maier arbeitet sich in diesem Buch sehr kenntnisreich durch die Untiefen von Zutatenbezeichnungen und Kochtechniken.
Das Liber de Coquina unterscheidet sich von anderen mittelalterlichen Kochbüchern vor allem durch seine enzyklopädische Gliederung. Das bedeutet, dass es ein funktionierendes Inhaltsverzeichnis hat. Außerdem ist es das erste umfangreichere erhaltene Kochbuch seit der Antike.
Es bedeutet aber vor allem, dass nicht nur die ausgefallenen Fleischgerichte enthalten sind, sondern ein Überblick über alle Aspekte der Küche gegeben werden sollte. Deshalb finden wir in diesem historischen Kochbuch des Mittelalters auch Rezepte zu Hülsenfrüchten, Gemüse, Mehlspeisen und Pasta.
Lasagne und Ravioli im Mittelalter? Das Liber de Coquina hat die Rezepte.
Das Kochbuch der Sabina Welserin (1553)
Das Kochbuch der Sabina Welserin, hrsg. v. Hugo Stopp, übers. v. Ulrike Gießmann, Heidelberg 1980.
Dieses Kochbuch war das persönliche und private Kochbuch einer Augsburger Patrizierin. Das heißt einerseits, dass die Rezepte ungeordnet sind und die Rezepte zwischen ausführlichen Anleitungen und Gedankenstützen mit wenigen Worten schwanken. Andererseits sind die Rezepte nicht für ein Publikum zusammengestellt und redigiert. Sie fühlen sich „echt“.
Besonders Nachspeisen und Backwerk sind in diesem historischen Kochbuch stark vertreten. Richtig schön sind die Rezepte immer dann, wenn die Notizen so kleinteilig werden, dass man die Missgeschicke herauslesen kann, die durch das Kochbuch zukünftig verhindert werden sollen. In diesen Fällen ist tatsächlich ein „Nachkochen“ statt einer freien Interpretation möglich.
So nah, wie in manchen Rezepten des Kochbuchs der Sabina Welserin kommt man den Küchenabläufen in kaum einem anderen historischen Kochbuch.
The Goodman of Paris / Le Ménagier de Paris (ca. 1393)
The Goodman of Paris (Ménagier de Paris). A Treatise on Moral and Domestic Economy by a Citizen of Paris c. 1393, übers. v. Eileen Power,London 1928 (Nachdruck von 1993).
Dieses Buch ist mehr als eine Rezeptsammlung. Hier sammelte ein wohlhabender Pariser Bürger des ausgehenden 14. Jahrhunderts für seine sehr junge Frau Wissenswertes rund um gute Haushaltsführung. Von den Todsünden und Gebete über Tipps zum Einkaufen und Gärtnern bis eben zu Rezepten. Damit sie nach seinem Tod eine gute Partie ist.
In den meisten Übersetzungen werden einige Rezepte und Tipps übersprungen und wir können kein Französisch. Aber bei diesem Kochbuch geht es weniger um die Rezepte, als um einen Einblick in die Breite und Komplexität eines spätmittelalterlichen Haushaltes.
Die Münchener Kochbuchhandschriften (15. Jahrhundert)
Münchner Kochbuchhandschriftsen aus dem 15. Jahrhundert. Cmg 349, 384, 467, 725, 811 und Clm 15632, hg. im Auftrag der Tupperware Deutschland v. Trude Ehlert i. Zusammenarb. m. Gunhzild Brembs, Marianne Honold, Daniela Körner, Jörn Christoph Krüger, Robert Scheuble, Mirjam Schulz, Christian Suda u. Monika Ulrich, Frankfurt 1999.
Die Münchner Kochbuchhandschriften ist ein Buch aus der Tupperware Edition, in dem mehrere kleinere Rezeptsammlungen aus dem Bestand der Staatsbibliothek München transkribiert, kommentiert und übersetzt wurden. Die Handschriften sind im vorderen Teil sogar als Faksimile abgedruckt. Man kann mit dieser Quelle Besuchern also sogar zeigen, wie Kochbücher des Spätmittelalters ausgesehen haben.
Besonders interessant wird es, wenn sehr ähnliche oder gleiche Gerichte in mehreren der ursprünglich getrennt niedergeschriebenen Rezeptsammlungen auftauchen. Uns hat aber vor Allem gefreut, dass wir dort ein Lebkuchen-Rezept gefunden haben – mit Schnaps als Zutat.
Rheinfränkisches Kochbuch (ca. 1445)
Rheinfränkisches Kochbuch (um 1445), hg., übers. u. bearb. im Auftrag der Tupperware Deutschland v. Thomas Gloning, Frankfurt 1998.
Das Rheinfränkische Kochbuch gehört, wie die Münchner Kochbuchhandschriften zur Edition Tupperware. Es ist weniger dick, schon weil es sich auf eine Handschrift bezieht, teilt ansonsten aber seiner Schwesterpublikation.
Ehrlicherweise müssen wir zugeben, dass wir bisher kaum mit ihm gearbeitet haben. Aber was nicht ist, wird sicher noch werden.
Küchenmeisterey (1490)
Küchenmeisterey (1490), N.N., Bremen (unikum Verlag) 2001.
Dieses Kochbuch liegt nur gedruckt nur als Nachdruck eines Digitalisats vor. Da es weder Transkription, noch Übersetzung oder Kommentar gibt, ist es ein dünnes Büchlein. Da die Quelle aber ein historischer Druck ohne Schnörkel in Frühneuhochdeutsch ist, sind die Rezepte ganz gut lesbar. Es schadet allerdings nicht, sich mit den üblichen Kürzungen und Abkürzungen der Zeit etwas auszukennen.
Auch hier haben wir selbst noch keine Erfahrung mit den Rezepten gemacht.
Marx Rumpolt: News Kochbuch (1581)
Marx Rumpolt: Ein new Kochbuch, hg. v. Manfred Lemmer, Leipzig 1976.
Rumpolts New Kochbuch ist insofern besonders, als es für die Veröffentlichung als Druck geschrieben wurde. Es ist mit Schnitten von Jost Amman illustriert und Es ist nicht nur eine große Rezeptsammlung, sondern auch eine Art Lehrbuch für angehende Köche in gehobenen Haushalten. Rumpolt selbst arbeitete für den Mainzer Kurfürsten und spart nicht mit seinen Erfahrungen mit fremdländischer Küche.
Wir mögen das New Kochbuch besonders wegen seines Glossars, der Gliederung nach Gerichten, Tieren, Tierteilen und die vergleichsweise ausführlichen Rezepte. Es ist unser Kochbuch mit den meisten Post-its.
Apicius: De re coquinaria (römisch, aber in Handschriften des 9. Jahrhunderts überliefert)
Apicius: De re coquinaria / Über die Kochkunst. Lateinisch-deutsch, hg. u. übers. v. Robert Maier, Stuttgart, 2018.
„Das römische Kochbuch des Apicius“ dürfte zu den bekanntesten historischen Kochbüchern zählen. Jeder Lateinlehrer sollte es kennen. Weniger bekannt ist, dass es in seiner ältesten Fassung“ in zwei karolingischen Handschriften des 9. Jahrhunderts überliefert ist. Eine davon aus dem Kloster Fulda mit Ergänzungen eines wohl gotischen Schreibers des 5. Jahrhunderts. Und wir haben Abschriften aus dem 15. Jahrhunderts. Wir behandeln es also ganz frech als „mittelalterliches Kochbuch“.
Weitere historische Kochbücher im Internet
The Forme of Cury (ca. 1390)
http://www.pbm.com/~lindahl/foc/
Wir hätten es gerne, aber es ist vergriffen und wir hatten noch nicht das Glück eine erschwingliche antiquarische Ausgabe zu entdecken. Außerdem ist die Digitalisierung im Project Gutenberg für deutsche IPs gesperrt. Very inconvenient.
Linksammlung von medievalcookery.com
http://medievalcookery.com/etexts.html?England
Eine sehr gute Linksammlung zu Scans und englischsprachigen Übersetzungen von historischen Kochbüchern zwischen dem 13. Jahrhundert und 1685.